Sonntag, 4. Dezember 2005

FAZ-Comic Klassiker #1: Superman


Seit ein paar Wochen erscheinen nun bei BILD und FAZ jede Woche ausgewählte "Klassiker der Comic-Literatur". Erstklassige Gelegenheit für alle Genre-Fremden, mal reinzuschnuppern, was das Medium Comic so zu bieten hat. Während sich die Hardcover-Reihe der BILD eher den kommerziellen Funnies verschrieben hat und somit etwas einseitig daherkommt, ist die Palette der FAZ-Reihe breiter und tiefgründiger, mit dem Augenmerk auf "Werken, die das Medium Comic geprägt und maßgeblich beeinflusst haben".

Den Anfang macht der wohl bekannteste Superheld der Welt: Superman. Sein Auftritt in Action Comics #1 (das natürlich in dem 254 seiten starken Band enthalten ist) 1938 legte den Grundstein für das "Golden Age" der (Superhelden)-Comics, das bis Anfang der 50er Jahre andauerte. Aber ich will hier nicht das informative Vorwort des Bandes (das es in den BILD-Bänden meines Wissens übrigens nicht gibt) runterleiern, sondern dem geneigten Leser ein bisschen "Hintergrundinfo" zur Auswahl der einzelnen Geschichten geben, diese wird im Vorwort nämlich gar nicht kommentiert.

Zur ersten Geschichte "Superman" muss ich nichts sagen, denke ich. Der erste Auftritt halt, mit diesem Heft begann alles. Schade, daß offenbar für die Cover kein Platz war - das Bild, auf dem Superman ein Auto hochhebt und gegen einen Fels schmettert (auf Seite 21 sehen wir die Szene dazu) wird immer wieder gerne von Covern aktueller Hefte hommagiert.

Der Auswahl-Grund für Geschichte Numero 2 (Action Comics #23, 1942) dürfte auch auf der Hand liegen: Der erste Auftritt von Supermans Erzfeind, Lex Luthor. Beiden Geschichten mangelt es natürlich nicht an einer gewissen Schlichtheit mit voller Konzentration auf eine recht... doofe, wenn auch kreative Handlung, wie sie wohl typisch für das Golden Age scheint. (Behaupte ich jetzt mal frech, bis auf diese Ausgaben und ein paar herrlich dämliche Wonder Woman-Ausgaben habe ich nichts weiter aus dieser doch so wegweisenden Epoche gelesen).

Mit der nächsten Geschichte "Die letzten Tage von Superman" aus Superman (Vol. 1) #156 von 1962 verlassen wir auch schon das Golden Age und stürzen uns ins noch junge Silver Age der Comics, das das Superhelden-Genre aus einem "Desinteresse-Loch" holte, welches mit dem Ende des Zweiten Weltkrieg entstanden war. (Vergessen wir auch nicht den Herrn Wertham mit seinem Werk "Seduction of the Innocent" und dessen extrem neagtiven Einfluss auf die Entwicklung der Comics... aber das führt zu weit jetzt.) Die Geschichte ist in meinen Augen ein Paradebeispiel für ein typisches Silver-Age-Comic (und hat es deswegen wohl in den Band geschafft). Die Handlung war immer noch zum Schreien dusselig manchmal, jedoch legte man größeren Wert auf Charakterisierungen und zwischenmenschliche Beziehungen. Etwas, was Marvel mit Amazing Fantasy 15 (Spider-Mans erster Auftritt) und Fantastic Four #1 "erfunden" hat, btw.. Und so ist die Geschichte auch vollgestopft mit heulenden Weibern (Lois, Lana und Supergirl flennen ja regelrecht um die Wette... meine Fresse, was ein Frauenbild *g*), fürsorglichen Freunden (Jimmy Olsen mit seiner Signal-Uhr... ich liebe es!) und putzigen Superhunden (ach ja, Krypto... hat ja mittlerweile bei DC sein Comeback gefeiert..). Nebenbei kriegen wir mit der Legion der Superhelden, Kandor und sogar Batman (der damals noch nicht der Dunkle Rächer war, sondern eher wie Adam West in der alten Fernsehserie rumhüpfte) und Robin eine schöne Tour durch Supermans damalige Heldenfreunde.

"Superman legt los" (Superman Vol. 1 #233, 1971) präsentiert uns eine Geschichte, in der nicht nur DER Supermanzeichner Curt Swan den Bleistift schwingt, sondern in der der Mann aus Stahl sich seiner größten Schwachstelle entledigt sieht: dem Kryptonit. Sonst kann ich ehrlich gesagt nicht viel zu der Geschichte sagen, hab auch keine Ahnung, was es mit diesem Sandheini am Ende auf sich hat. Interessant zu erwähnen ist vielleicht noch die Tatsache, daß die Geschichte in einer Zeit spielt, in der Clark Kent vom Zeitungs- zum Fernsehreporter mutierte.

"Braucht die Welt Einen Superman?" (Superman Vol. 1 #247, 1972). Ja, tut sie das? Diese Gechichte zeigt uns die Konfrontation Supermans mit seinen Selbstzweifeln (auch wenn sie "nur" von den Wächtern Oas ausgelöst wurden), ob er durch sein ständiges Eingreifen die Menschheit zu sehr von sich abhängig macht. Eine durchaus repräsentative Geschichte, dieses Thema wird mittlerweile des öfteren behandelt - man merkt, wie sich die Geschichten immer mehr von einer simplen Handlung entfernen und ins Philosophische abwandern.

Die beiden anschließenden Geschichten gehören für mich (und offenbar auch für die Redakteure der FAZ) zu DEN absoluten Must-Reads eines jeden Superman-Freundes, gehören sie doch zu den letzten vor der alles verändernden "Crisis on Infinite Earths" im DC-Universum. Außerdem sind beide aus der Feder von Alan Moore, der mit seinem "Watchmen"-Epos eine neue Ära im Superhelden-Genre einläutete und von vielen Comic-Fans (inklusive mir) als einer der Top-Autoren im Comic-Geschäft bis heute gilt. "Das Geschenk" (For the Man Who Has Everything, Superman Annual #11, 1985), gezeichnet von Dave Gibbons (dem Zeichner von "Watchmen"), handelt von einem in einer Traumwelt gefangenen Superman, während "Was wurde eigentlich aus dem Mann von Morgen" (Whatever happened to the Man of Tomorrow, Superman Vol. 1 #432 & Action Comis #583, 1986) die allerletzte Superman-Geschichte vor dem "Reboot" mit der Crisis darstellt. Dementsprechend gibt es ein sehr endgültiges Finale um den Stählernen, in dem noch einmal die wichtigsten seiner Freunde und Feinde auftreten. Ein Wort vielleicht noch zur Crisis: Verpackt in ein gigantisches Crossover-Event um das Schicksal nicht nur eines, sondern mehrere Universen, sollte sie dazu dienen, das unübersichtliche DC-Universum "aufzuräumen", da am Ende der Krise nur noch eins der zig Universen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten, überlebte. Die Herkunftsgeschichten vieler Helden und Schurken wurden umgeschrieben, im Falle Superman geschah dies in der folgenden Mini-Serie "The Man of Steel".

"Verschiedene Welten" (Action Comics 600, 1988) basiert auf einer dieser Änderungen, nämlich, daß Wonder Woman nach "Post-Crisis"-Rechnung erst seit kurzem in der "Welt der Männer" unterwegs ist (und nicht wie "Prä-Crisis" bereits im Zweiten Weltkrieg mit durch die Kante hüpfte und sich von jedem dahergelaufenen Bösewicht von ihrem goldenen Lasso fesseln ließ...). Hier sehen wir die beiden also quasi in einem ihrer "ersten" gemeinsamen Abenteuer, das die Spannungen ihrer zukünftigen Freundschaft schon andeudet. Noch heute wird das Dreieck Lois-Clark-Diana ab und an thematisiert.

Die letzte Geschichte bringt uns nah an die Gegenwart heran, "Was ist so witzig an Wahrheit, Gerechtigkeit und dem American Way of Life?" (Action Comics #775, 2001) beschäftigt sich mit der Frage, ob man für den Höheren Zweck töten darf. Leider Gottes fehlt die vorletze Seite der Geschichte und verzerrt so den Sinn komplett und macht Superman zum Mörder. Ein sehr unglückliches Mißgeschick, das hoffentlich noch irgendwie korrigiert wird.

Trotz des Malheurs und des wellenden Papiers halte ich den Band für äußerst gelungen und kann ihn nur jedem wärmstens empfehlen. :)

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